Eileen: Roman
H**N
Stark erzählt.
Überraschend gute Erzählkunst, psychologisch tief einfühlsam, aber ohne jede Süßlichkeit.Im Gegenteil: Gespielt wird das immens schwierige Spiel mit der Ästhetik des Hässlichen, und das – noch schwieriger – aus der Ich-Perspektive einer jungen Frau, die sich einerseits kaum anzunehmen vermag, sich andererseits (Oder gerade deswegen?) genau kennt.Jedenfalls erlebt sich Eileen als Defizit, insbesondere anderen und namentlich Frauen gegenüber. Sie scheint, nun ja, irgendwie reduziert, beinahe retardiert („Ich glaubte allen Ernstes, meine Probleme würden kleiner, wenn weniger von mir da war.“) – vor allem hinsichtlich ihrer Weiblichkeit. Ihrem Körper, zumal seinen sexuellen Attributen, steht sie befremdet bis feindlich gegenüber, vergleicht sich daher aber permanent mit anderen Frauen, stets zu ihren empfundenen Ungunsten, wird wiederum daher aber zu einer hypersensiblen Beobachterin ihrer Umgebung.Es läuft, pseudofreudianisch formuliert, zunächst eine Art oral-anales Notprogramm bei Vermeidung des Genitalen. Ja, klingt schwierig, aber was einerseits so an Essstörungen, andererseits an Entleerungs- und Abführexzessen geschildert wird, ist schon fulminant. Und wirkt realistisch. So wie die Ich-Erzählerin alles mit schonungsloser Ehrlichkeit und Offenheit protokolliert – das gespenstisch heruntergekommene, schon immer dysfunktionale Elternhaus mit seinem Psycho-Interieur und dem nicht nur dementen, sondern schwerstalkoholabhängigen und von Wahnvorstellungen genarrten Vater, Eileens gleichfalls bedrückende Arbeitswelt in einem Knast für männlichen Heranwachsende, wo sie als Sekretärin jobbt und sich als Gesichtsausdruck eine lebendige Totenmaske antrainiert. Hinzu kommen die bizarren Phantasien und Obsessionen, denen sie nachhängt. Alles so bedrückend wie in sich glaubwürdig. – Bis sie eine aparte Freundin zu gewinnen scheint …Die Geschichte gipfelt und endet in einem echten Psycho-Thriller, so wie wir es mögen: Show-Down in einem Haus in schlechter Lage, wo hinter abblätternder Fassadenfarbe Grausiges geschah.
M**F
Merkwürdige Person - merkwürdig verstörende Geschichte
Der Roman hat mich weder gefesselt, noch in irgend einer Weise begeistert, angesprochen. Eine wirkliche Wendung kam auch mit dem Eintreffen der zweiten Hauptperson - ebenfalls ein merkwürdiger Charakter - nicht.
J**L
Die im Moment tollste Autorin des Planeten
Dieser Roman ist noch vor "Mein Jahr der Ruhe und Entspannung" der Zweite von Ottessa Moshfegh.Und was soll ich sagen, ich liebe ihn genauso wie ihren Dritten.Moshfegh entührt uns wieder in die abgedrehte Welt einer zerrüttelten Protagonistin.Die junge Eileen lebt mit ihrem alkoholkranken und nervigen Vater in einem gottverlassenen Kaff.Dort ist sie gezwungen, sich in einer Jugendbesserungsanstalt ihren Lebensunterhalt zu verdienen.Eines Tages trifft sie auf die Rebecca, einer jungen Frau die sie aufgrund ihres guten Aussehens und Selbstbewußtseins sofort vergöttert.Nachdem die Beiden gemeinsam um die Häuser gezogen sind, decken sie in der Anstalt ein Sexualverbrechen auf und verletzen die geständige Zeugin schwer.Das Buch endet damit, das Eileen alleine und mit all ihren Ersparnissen nach New York flieht und dort untertaucht.Die Handlung ist düster, anstößig und zugleich wahrnsinnig witzig.Man habe ich gelacht!Man denkt beim Lesen unaufhörlich:So ist es!Genauso geht es zu in der Welt!So gestört sind die Menschen.Wer Schriftsteller wie Celine, Bukowski und Pratchett mag, der kommt hier voll auf seine Kosten.Die Geschehnisse sind ungeheuerlich, die Protagonisten skuril und morbide.Ihren ersten Roman "McGlue" habe ich bereits bestellt.Viel Spaß beim lesen!
V**L
Düster, düster, düster
Das Cover ist 1-A und leider das beste am Roman. Warum dieser Roman auf der Shortlist des Man Booker Price stand, entzieht sich mir.Wir haben das Jahr 1964. Eileen lebt mit ihrem schwer alkoholkranken Vater zusammen und arbeitet in einer Besserungsanstalt. Die ganzeWelt um sie ist düster. Die Kleinstadt, ihr Leben, das Leben anderer. Und dann kommt plötzlich eine wunderschöne Harvard-Absolventin indie Anstalt und entpuppt sich auch noch als durchgeknallte Psychopathin. Ja, dadurch kann Eileen endlich der Düsterkeit entfliehen undich habe ein schlechtes Buch gelesen. Vergleiche mit Highsmith kommen wohl durch die lesbischen Gedanken die Eileen manchmal hat,aber mit Jim Thompson hat das Buch nichts zu tun. Der schlechteste Thompson ist besser. Warum schreiben die Kriminalautoren nicht mehr in der Gegenwart? Mit all dem Überwachungssystemen, der Transparenz jedes Bürgers, ist das wohl zu schwer. Und in Amerika lebt es sich heute auch nicht besser als 1964. Als Autobiographie geht das Buch noch durch, doch als Krimi hat es versagt. Seit gewarnt! Selbst das Rolling Stone Magazine zählt dieses Buch zu den besten Krimis letztes Jahr, aber lasst Euch nicht täuschen. Lest Marion James "Eine kurze Geschichte über sieben Morde". Dieser hat den Man Booker Prize zu Recht verdient und ist dazu noch ein Krimi, der zu den 100 besten des Genres gehören wird. Lest Lize Spit "Und es schmilzt". Das ist mal ein Krimi von einer Frau, die schreiben kann und wie. Vergesst "Eileen"! Ist das Geld und die Zeit nicht wert!
J**A
Eine ungewöhnliche, hochinteressante Autorin
Nach meiner Begeisterung über „ mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ musste ich natürlich die anderen Bücher der Autorin kaufen. Eigentlich hatte ich keine Lust auf einen Krimi, so hatte ich Eileen durch den Klappentext verstanden, doch zu meiner Überraschung war es keiner und das, was ich an der Autorin so spannend finde, was sie unterscheidet wurde auch in diesem Buch deutlich. Detailliert und ungeschönt, werden sowohl das Umfeld als auch die Gedankenwelt der Erzählerin auf brutale bis peinlich ehrliche Offenheit dem Leser vermittelt. Das Düstere des Buches besteht eigentlich durch die Umstände. Assoziales Elternhaus, trostlose Kleinstadt, perspektivenlosigkeit, Verwahrlosung, Verrohung. Mrs. Moshfegh versteht es, ohne Skrupel, den manifestierten Schrecken des privileglosen Lebens zu bebildern.
Trustpilot
1 day ago
1 month ago